Künstliche Intelligenz (KI) revolutioniert die Kreativbranche: Kunstwerke entstehen per Mausklick, Romane werden in Sekunden verfasst und Musikstücke von Algorithmen komponiert. Doch wem gehören diese Werke? Unser Urheberrecht basiert auf menschlicher Schöpfung – aber ist dieses Konzept in Zeiten der KI noch tragfähig?
1. Wer ist der Urheber eines KI-generierten Werks?
Nach geltendem deutschem Urheberrecht (§ 2 Abs. 2 UrhG) kann nur ein Mensch Urheber sein. Eine Maschine hat keine eigene Rechtsfähigkeit und kann daher keine „persönliche geistige Schöpfung“ hervorbringen. Doch wie ist zu bewerten, wenn eine Person eine KI gezielt einsetzt, um ein kreatives Ergebnis zu erhalten?
KI als bloßes Hilfsmittel vs. KI als schöpferischer Akteur
Ein zentrales Kriterium ist der schöpferische Einfluss des Menschen:
- KI als bloßes Hilfsmittel: Hier nutzt eine Person KI ähnlich wie ein Maler einen Pinsel oder ein Fotograf eine Kamera. Entscheidend ist die menschliche Steuerung – etwa durch präzise Prompts, gezielte Parameteranpassung oder nachträgliche Bearbeitung. In diesem Fall kann ein Urheberrechtsschutz für das Endprodukt bestehen.
- KI als schöpferischer Akteur: Falls eine KI weitgehend autonom operiert und der Mensch nur noch ein generelles Ziel vorgibt, entsteht eine rechtliche Grauzone. Ein Beispiel wäre eine KI, die selbstständig ein Gemälde im Stil von Vincent van Gogh erstellt, ohne dass der Nutzer signifikanten Einfluss auf Komposition oder Details nimmt. In solchen Fällen entfällt der Urheberrechtsschutz nach derzeitiger Rechtslage.
Diese Abgrenzung wird zunehmend problematisch, da moderne generative KI-Modelle immer komplexer werden und der menschliche Einfluss auf das Endergebnis schwer messbar ist.
2. Ein Blick ins Ausland – unterschiedliche Rechtsprechung
Internationale Gerichte bewerten die Urheberrechtsfähigkeit von KI-generierten Werken unterschiedlich:
- Tschechien: Das Bezirksgericht Prag (Az. 10 C 13/2023) lehnte den Urheberrechtsschutz für ein von KI erstelltes Werk ab und berief sich auf das Erfordernis der menschlichen Schöpfung.
- China: Das Beijing Internet Court ((2023) Jing 0491 Min Chu No. 11279) entschied dagegen, dass ein KI-generiertes Bild schutzfähig sein kann, wenn der Mensch die KI gezielt zur Erzeugung des Werks einsetzt
- Die USA folgen einer strengen Linie: Das US Copyright Office lehnt seit 2023 konsequent den Schutz von Werken ab, die „wesentlich von KI generiert“ wurden.
3. Aktuelle und geplante europäische Regelungen
Die Europäische Union diskutiert intensiv über die Regulierung von KI und Urheberrecht. Wichtige Entwicklungen:
- Urheberrechtliche Zurechnung: Der aktuell diskutierte EU AI Act sieht zwar keine direkte Regelung für KI-generierte Werke vor, könnte aber indirekte Auswirkungen haben.
- EU-Urheberrechtsrichtlinie (DSM-Richtlinie): Diese Richtlinie fordert eine klare Zuweisung der Urheberschaft und schließt Maschinen explizit aus. In der Praxis bedeutet das, dass KI-generierte Inhalte gemeinfrei bleiben könnten, es sei denn, es liegt eine erhebliche menschliche Einflussnahme vor oder urheberrechtlich geschützte Inhalte eines Dritten übernommen werden.
- Leistungsschutzrechte als Alternative: Eine weitere mögliche Lösung, die derzeit in Europa diskutiert wird, ist ein leistungsschutzrechtlicher Ansatz, ähnlich wie im Verlagswesen. Der leistungsschutzrechtliche Ansatz ist insbesondere im Kontext der Presseverlage relevant. Presseverlage haben bereits das exklusive Recht, die Nutzung ihrer Inhalte zu lizenzieren, während Plattformen (z.B. Facebook) für die Verbreitung geschützter Inhalte eine Lizenz erwerben müssen. Ein ähnliches Modell könnte sich künftig auch für KI-gestützte Werke eignen – etwa durch eine Lizenzpflicht für Plattformen, die KI-generierte Werke nutzen oder weiterverbreiten möchten.
4. Fazit – Brauchen wir ein neues Urheberrecht?
Wer derzeit ein KI-generiertes Werk weiterverwerten und dazu bestimmen möchte, ob es gemeinfrei oder urheberrechtlich geschützt ist, muss zwei Bewertungsschritte vornehmen. Zum einen ist die Frage zu klären, ob der menschliche Anteil an der Schöpfungsleistung so groß ist, dass das Ergebnis als persönlich geistige Schöpfung des Eingebenden betrachtet werden kann. Zum anderen muss geprüft werden, ob der Output der KI ein urheberrechtlich geschütztes Werk entweder identisch wiedergibt oder derart darauf beruht, dass er als bloße Änderung des geschützten Werkes betrachtet werden kann.
Die Beurteilung dieser Fragen wird im Einzelfall schwierig zu bestimmen sein. Somit sind neue Regelungen, welche die Urheberschaft von KI-generierten Werken klären, erforderlich.